AfT-Symposium 2025: Tiergesundheit im Fokus von Klimawandel und Globalisierung
Bonn, 13. März 2025 – Am 6. und 7. März 2025 fand in Montabaur das diesjährige Symposium der Akademie für Tiergesundheit e.V. (AfT) statt. Im Fokus standen die drängenden Herausforderungen der Tiergesundheit angesichts von Klimawandel und Globalisierung. Führende Experten kamen zusammen, um aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und praxisnahe Lösungsansätze zu diskutieren.
Globale Veränderungen und ihre Auswirkungen auf die Tiergesundheit
Die internationale Tiergesundheit steht in Zeiten der Globalisierung, des Klimawandels und politischer Unsicherheiten vor wachsenden, komplexen Herausforderungen. Die Globalisierung erleichtert die rasche Ausbreitung von Tierseuchen, Krankheitserregern und Arzneimittelresistenzen über Ländergrenzen und Kontinente hinweg. Dies bedingt ein erhöhtes Risiko großflächiger Tierseuchenausbrüche, die nicht nur im Falle von Zoonosen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben. Infektionsketten werden ebenso durch Produktionssysteme wie durch enge Kontakte zwischen Haus- und Wildtieren oder zum Menschen beeinflusst.
Anhand ausgewählter Beispiele, wie der Ausbreitung des West-Nil-Fieber-Virus, dem Auftreten hochpathogener aviärer Influenzaviren, der erneuten Einschleppung der Blauzungenkrankheit und dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche wurden die verschiedenen Faktoren analysiert und diskutiert, die zu Neueinschleppungen oder dem Wiederauftreten von Tierseuchen beitragen.
In Abhängigkeit vom Erreger kann der Einfluss der Faktoren, wie der globale Handel, die Erwärmung und die Rolle von Erregerreservoiren variieren. In jedem Fall erfordert die Bekämpfung von Tierseuchen und Zoonosen robuste globale Überwachungs- und Informationssysteme mit einem sektorübergreifenden Datenaustausch und koordinierten Bekämpfungsstrategien. Eine moderne Diagnostik, die die Früherkennung und schnelle Differentialdiagnose ermöglicht, spielt zusammen mit der Biosicherheit eine zentrale Rolle, um auf die Gesundheitsbedrohungen besser vorbereitet zu sein und sie zu bekämpfen. Jüngere Erfahrungen zeigen, dass die Komplexität der neuen Tiergesundheitsgesetzgebung der EU und die föderalen Strukturen vorausschauendes Planen erfordern, um schnelles Handeln im Seuchenfall sicherstellen zu können.
Ein Schwerpunkt des Symposiums war zudem die steigende Bedrohung durch vektorübertragene Krankheiten. Die Experten wiesen darauf hin, dass sich das Auftreten von neuen oder wiederkehrenden Infektionskrankheiten durch steigende Temperaturen und globale Handelsströme verstärkt. Insbesondere die zunehmende Ausbreitung von Zecken und Mücken als Vektoren in gemäßigten Klimazonen erfordert neue Strategien zur Krankheitsprävention und -bekämpfung bei Nutz- und Haustieren. Die Verschleppung bzw. der Eintrag von durch Zecken bzw. Mücken übertragenen Erregern aus warmen, südlichen Ländern, wie die Babesiose des Hundes und das West-Nil-Virus bei Pferden spielen eine nicht außer Acht zu lassende Rolle. Prominente durch Mücken übertragene Erkrankungen der Wiederkäuer sind die Blauzungenkrankheit, das Schmallenberg Virus und die Epizootische Hämorrhagie, die bereits bis Zentralfrankreich vorgedrungen ist. Durch den starken Einfluss der Temperatur auf Vektoren und Erreger beschleunigen sich natürliche Transmissionszyklen gekoppelt mit einer geografischen Ausbreitung nach Norden.
Tierhaltung im Klimawandel: Anpassungsstrategien und Zukunftsperspektiven
Besonders beleuchtet wurden konkrete Maßnahmen zur Anpassung der Tierzucht und -haltung an den Klimawandel. Die steigenden Temperaturen und der damit verbundene Hitzestress haben direkte Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden von Tieren. So führen hohe Temperaturen zu signifikanten Einbußen der Milchleistung – bis in die nachfolgende Generation. Deutlich wurde, dass gezielte Zuchtprogramme, neue Fütterungskonzepte und optimierte Stallhaltungssysteme entscheidende Stellschrauben für eine nachhaltige Tierhaltung darstellen. Die Landwirtschaft müsse bereits heute reagieren, um die notwendigen Anpassungen zeitgerecht zu realisieren.
Auch der ökologische Fußabdruck von Haustieren wurde thematisiert und Strategien für eine nachhaltigere Tierhaltung skizziert. Dabei zeigte sich, dass insbesondere die Futtermittelproduktion einen wesentlichen Einfluss auf die Umweltbilanz hat. Konzepte zur Integration von Insekten in die Tierfütterung als alternative Proteinquelle wurden vorgestellt. Qualitativ hochwertige Reststoffe aus einer intensivierten Pflanzenproduktion könnten für die Insektenproduktion genutzt werden. Nicht nur ein hoher energetischer Aufwand stellt jedoch noch einen erheblichen Nachteil gegenüber Gunstregionen mit warmen Klimaten wie in Asien dar. Betont wurde, dass für ein umfassendes Nachhaltigkeitskonzept heute eine Bewertung des gesamten Produktionszyklus auch in der Lebensmittelgewinnung unabdingbar ist. Um die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu bedienen, muss die Bewertung dabei über den ökologischen Fußabdruck hinaus gehen. Für die wirtschaftliche und soziale Dimension besteht dabei weiterhin Bedarf an konsistenten und robusten Indikatoren und Methoden.
In einer zentralen Key Note befasste sich Prof. Dr. Achim Spiller (Göttingen) mit der zukünftigen Rolle von Alternativprodukten in der Landwirtschaft. Er skizzierte mögliche Auswirkungen auf die Tierhaltung unter Abwägung gesundheitlicher, ökologischer und ökonomischer Aspekte sowie dem Tierwohl. Das Kaufverhalten werde sowohl durch emotionale Aspekte als auch kognitive Aspekte beeinflusst. Eine wichtige Rolle spielt dabei unverändert der Geschmack. Je ähnlicher die Alternativen den tierischen Produkten z.B. Fleisch werden, desto herausfordernder die Legitimation der Tierhaltung.
Interdisziplinärer Austausch und praxisnahe Lösungsansätze
Das AfT-Symposium 2025 zeigte eindrucksvoll, dass die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Praxis und Industrie entscheidend ist, um die Tiergesundheit nachhaltig zu sichern. Die Diskussionen zeigten praxisnahe Lösungsansätze auf, die weiterentwickelt und umgesetzt werden müssen. Eine wichtige Schlussfolgerung war, dass den dynamischen Wechselwirkungen zwischen Globalisierung, Klimawandel und Tiergesundheit nur durch eine transdisziplinäre internationale Zusammenarbeit in einer freien, lebendigen Forschungsgemeinschaft im Sinne des One-Health-Gedankens begegnet werden kann. Prävention und Früherkennung von Gefahren sollten dabei im Mittelpunkt stehen.
AfT-Förderpreis auf dem Gebiet der Infektionsmedizin verliehen
Anlässlich des AfT-Symposiums wurde der AfT-Förderpreis 2025 verleihen. Ausgezeichnet wurde Frau Dr. Andrea Springer, Zentrum für Infektionsmedizin, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover für ihre wissenschaftlichen Arbeiten zum Monitoring und der Vorhersage von Zecken und zeckenübertragenen Erkrankungen im One-Health Kontext.
Weitere Informationen zum Symposium, den Vorträgen und den prämierten wissenschaftlichen Arbeiten sind unter www.aft-online.net abrufbar.